Mai-Kundgebung in Gelsenkirchen darf stattfinden

Die 20. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hat mit Beschluss vom heutigen Tage der Stadt Gelsenkirchen aufgegeben, dem Antragsteller die Durchführung der am 1. Mai 2020 geplanten Versammlung („Heraus zum 1. Mai! Gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Beschäftigten, ihre Familien und die Natur. Gegen Rechtsentwicklung und Faschismus, für internationale Solidarität.“) auf dem Willi-Müller-Platz vor dem Gelsenkirchener Musiktheater für einen Teilnehmerkreis von maximal 70 Personen unter Auflagen zu genehmigen.

Die Kammer ist bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen, dass sowohl der Versammlungsfreiheit des Antragstellers (Art. 8 des Grundgesetzes) als auch dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) derzeit Rechnung getragen werden müsse. Daher könne eine Versammlung in Anbetracht der derzeitigen Ausbreitung des Coronavirus nur zugelassen werden, wenn die Einhaltung der für den Schutz der Bevölkerung vor Infektionen erforderlichen Maßnahmen (insbesondere Mindestabstände) sichergestellt sei. Dies sei hier aufgrund des vorgelegten (Infektionsschutz-) Konzeptes des Antragstellers, welches einen hinreichenden Abstand der Versammlungsteilnehmer zueinander vorsehe (pro Teilnehmer eine Stehplatzfläche von 2,40 m x 4,80 m), grundsätzlich der Fall. Um allerdings in Anbetracht der relativ hohen Teilnehmeranzahl einen umfassenden, effektiven Infektionsschutz zu gewährleisten, hat die Kammer zusätzlich gefordert, dass die Genehmigung nur mit weiteren Auflagen erteilt werde: Personen, die eine Corona-Symptomatik aufweisen (Husten, Fieber, Atembeschwerden), dürften nicht an der Versammlung teilnehmen. Auch dürfe kein Informationsmaterial (Flugblätter etc.) verteilt oder zur Mitnahme ausgelegt werden. Der Zu- und Abgang der Teilnehmer auf den Platz sei durch Ordner zu steuern. In der Nähe des Versammlungsortes müsse ein Wartebereich vorgehalten werden, falls die Teilnehmerzahl die Platzkapazitäten überschreite. Zudem müssten Mund-Nase-Masken für Versammlungsteilnehmer sowie für Schaulustige bereitgehalten und bei Bedarf ausgegeben werden.

Soweit der Antragsteller eine Genehmigung für 100 Teilnehmer begehrt hat, blieb der Antrag ohne Erfolg. Seine Auffassung, auf dem Willi-Müller-Platz könnten sich ohne Weiteres 100 Versammlungsteilnehmer einfinden, teilte die Kammer nicht. Der Platz sei zwar grundsätzlich aufgrund seiner räumlichen Eingrenzung durch Gebäude bzw. Grünflächen und der quadratischen Gestaltung der Bodenplatten geeignet für eine Versammlung unter Schutzauflagen. Der Platz lasse jedoch eine höhere Teilnehmeranzahl als 70 nicht zu, zumal der Randbereich des Platzes für bestimmte Bewegungsvorgänge (für Ordner, Redner, vorzeitiges Verlassen und etwaiges Nachrücken, Toilettengänge, Noteinsätze) freizuhalten sei.

 

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

Aktenzeichen: 20 L 514/20