15. Februar 2017

Wohnsitzverpflichtung für Flüchtlinge ist wirksam

Die am 6. August 2016 in Kraft getretene Regelung zur gesetzlichen Wohnsitzverpflichtung für Flüchtlinge in § 12a Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ist wirksam und damit anwendbar. Dies hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen in drei gegen die Städte Gelsenkirchen, Bottrop und Essen gerichteten Eilverfahren mit Beschlüssen vom 10. und 14. Februar 2017 entschieden.

Bei den Antragstellern handelt es sich um nach dem 1. Januar 2016 anerkannte Flüchtlinge, die aus anderen Bundesländern nach Nordrhein-Westfalen umgezogen sind. Bis einschließlich zum 5. August 2016 war es ihnen erlaubt, im gesamten Bundesgebiet Wohnsitz zu nehmen. Durch den neugeschaffenen § 12a Abs. 1 AufenthG werden sie nunmehr grundsätzlich – vorbehaltlich verschiedener Ausnahme- und Härtefallregelungen – verpflichtet, ihren Wohnsitz für den Zeitraum von drei Jahren nach ihrer Anerkennung in dem Bundesland zu nehmen, welchem sie zur Durchführung ihres Asylverfahrens zugewiesen worden sind.

In den drei entschiedenen Verfahren gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass § 12a Abs. 1 AufenthG zwar verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege, weil die erst zum 6. August 2016 in Kraft getretene Norm eine sog. „echte“ Rückwirkung auch für alle nach dem 1. Januar 2016 anerkannte Flüchtlinge entfalte, die nach ihrer asylrechtlichen Anerkennung im Einklang mit der früheren Gesetzeslage ihren Wohnsitz in ein anderes Bundesland verlegt hatten. Doch sei die Regelung in Anbetracht der weitreichenden Ausnahme- und Härtefallregelungen insbesondere in § 12a Abs. 5 AufenthG einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Als Folge dessen bedürfe es in Rückwirkungsfällen einer erhöhten Sorgfaltspflicht bei der von der Ausländerbehörde vorzunehmenden Prüfung, ob aus Härtegründen eine Aufhebung der Wohnsitzverpflichtung zu erteilt ist.

In Fällen ohne Rückwirkung, d. h. bei nach dem 5. August 2016 umgezogenen Flüchtlingen, sei in die Härtefallprüfung vordringlich einzubeziehen, dass sich der Betroffene durch seinen Umzug unter Verstoß gegen eine bereits geltende Wohnsitzverpflichtung bewusst in diese Situation begeben habe. Gemessen an diesen Anforderungen könnten weder ein erst nach dem 5. August 2016 aufgenommener Integrations-/Sprachkurs noch die mit der Rückkehr in ein anderes Bundesland verbundenen finanziellen Aufwendungen einen Härtefall begründen. Insgesamt erweise sich das von dem Gesetzgeber mit der gesetzlichen Wohnsitzverpflichtung verfolgte Ziel der Integrationsförderung asylrechtlich betroffener Ausländergruppen als verhältnismäßig.

Gegen die Beschlüsse kann jeweils Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.

Aktenzeichen: 8 L 2982/16, 8 L 2648/16 und 8 L 2836/16.

Der Beschluss 8 L 2836/16 wird in Kürze unter www.nrwe.de veröffentlicht.