Der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen e.V. ist kein Tierschutzverein im Sinne des nordrhein-westfälischen Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG). Dies ist das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage vor der 16. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, in der eine auf die Anerkennung als Tierschutzverein im Sinne dieses Gesetzes gerichtete Klage des Landesjagdverbandes NRW e.V. abgewiesen wurde.

Nachdem das Gesetz im Juli 2013 in Kraft getreten war, beantragte der Kläger seine Anerkennung als Tierschutzverein gem. § 3 TierschutzVMG. Diesen Antrag lehnte das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt , Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen im Januar 2014 ab. Hiergegen klagte der Verband.

Zweck des Gesetzes ist, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, anerkannten Tierschutzvereinen ein Verbandsklagerecht einzuräumen, damit sie die Interessen der Tiere als deren Treuhänder nicht nur aussprechen, sondern erforderlichenfalls auch vor Gericht geltend machen und einklagen können. Auf diesem Wege soll das Ungleichgewicht der Kräfte abgebaut werden, das der Gesetzgeber im Verhältnis zwischen den Haltern von Nutz-, Heim-, Versuchs- und sonstigen dem Tierschutzgesetz unterfallenden Tieren und Tieren sah.

Das Gesetz fordert neben mehreren weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung als verbandklage-, mitwirkungs- und informationsberechtigter Tierschutzverein, dass der Verein nach seiner Satzung „vorwiegend die Ziele des Tierschutzes fördert“.

Der klagende Verband und das Ministerium waren sich darüber einig, dass der Kläger laut seiner Satzung unter anderem auch den Tierschutz in dem Sinne, wie er in Art. 20a des Grundgesetzes und in Art. 29a Abs. 1a der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen seinen Niederschlag gefunden habe, fördere.

Die im Gesetz verlangte Hervorhebung des Tierschutzes gegenüber den anderen Zielen des Verbandes vermochte die Kammer der Satzung des Klägers auch bei großzügiger Auslegung der an mehreren Stellen genannten tierschutzrechtlichen Aspekte nicht zu entnehmen.

Die tierschützerische Zwecksetzung der Vereinigung dürfe nicht nur eines unter mehreren Zielen sein. Der Tierschutz müsse als prägendes Ziel der eigentliche Zweck der Vereinigung sein, dem sich andere Ziele, die hiermit in Konflikt geraten könnten, im Zweifel unterzuordnen haben. Es müsse sichergestellt sein, dass die Anerkennung im Hinblick auf die aus ihr folgenden Klage-, Mitwirkungs- und Informationsrechte interessenskollisionsfrei erfolge. Aus der Satzung des Klägers folge die Förderung einer Mischung unterschiedlicher Zwecke und Ziele. Der Kläger fördere neben dem Tierschutz auch den Naturschutz, den Umweltschutz und die Landschaftspflege, die Volksbildung sowie die Wissenschaft und Forschung in den Bereichen des Natur- und Umweltschutzes sowie der Landschaftspflege. Diese anderen Satzungsziele kommen nach Auffassung der Kammer dem einzelnen Tier allenfalls mittelbar zu Gute und könnten mit dem Tierschutz kollidieren. So stehe etwa das Interesse, einen gesunden Wildbestand aller heimischen Arten in angemessener Zahl durch z. B. die Jagd zu erhalten, im Gegensatz zu dem Wohlbefindensinteresse des Tieres. Das sich aus der Satzung des Klägers ergebende umfassende und auf Nachhaltigkeit angelegte Verständnis des Natur-, Umwelt- und Tierschutzes habe nicht so sehr die Vermeidung individueller Leiden von Tieren aufgrund ihrer Mitgeschöpflichkeit zum Ziel, sondern bezwecke den Schutz wildlebender Tiere als Spezies. Es könne daher nicht angenommen werden, dass der Tierschutz satzungsgemäß im Vordergrund stünde, so dass die Ablehnung der Anerkennung als verbandsklagefähiger Tierschutzverein durch das Ministerium zu Recht erfolgt sei.

Ob die in der Satzung des Klägers und in seiner Tätigkeit verfolgten Ziele in der Gesamtschau möglicherweise eine Anerkennung des Verbandes als (verbandsklagberechtigter) Naturschutzverband zulasse, ließ die Kammer offen, da die Klage dieses Ziel nicht verfolge und hierfür andere Rechtsgrundlagen zu beachten seien.

Der Einwand des Klägers, eine Analyse der Internetauftritte und Satzungen der von dem Beklagten nach dem TierschutzVMG anerkannten Tierschutzvereine habe ergeben, dass keiner der dort genannten Vereine die Anerkennungsvoraussetzungen erfülle und deshalb zu vermuten sei, dass es auf sachfremden, vermutlich politisch-ideologischen Erwägungen beruhe, dem Kläger die Anerkennung zu verweigern, vermochte der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Hierzu führte die Kammer aus, der Kläger habe auch dann keinen Anspruch auf die Anerkennung, falls die Anerkennung der anderen Vereine tatsächlich rechtswidrig erfolgt sein sollte. Das Ministerium sei durch den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verpflichtet, rechtswidrige Entscheidungen zu wiederholen.

Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen gestellt werden.

Das Urteil wird in Kürze unter http://www.nrwe.de/ veröffentlicht.

Aktenzeichen: 16 K 1117/14